RAFFAEL RHEINSBERG und die „SOPHIE“.
Der Kampf gegen den Abriß.
Anmerkungen von Friedemann Prose (Juli 2013)
Die Ausstellung im Flandernbunker/TMS (Eröffnung 02. August) ist auch Anlaß, sich an das soziale Engagement des Kieler Künstlers für den Erhalt des Sophienhofs zu erinnern. Gedankliche Verbindungen zum Maritimen Viertel/Anscharpark sind naheliegend. Hier sind historisch wertvolle Gebäude vom Abriss bedroht.
Raffael Rheinsberg wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Er wurde 1943 in Kiel geboren.
Zitat: „ Durch die Lerchenstraße hindurch erreicht man das erste Sanierungsgebiet , dessen deutlichstes Zeichen der Sophienhof ist. Devise der Sanierung war nicht die Erhaltung, sondern die Errichtung neuer und angeblich schönerer Bauten bei gleichzeitiger Verbreiterung der Straßen. Der „Fall Sophienhof“ lieferte auch Zündstoff für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß.
Direkt gegenüber dem Bahnhof erstreckte sich lange Zeit eine Stadtlandschaft mit teilzerstörten Häusern, die dringend einer Renovierung bedurft hätten. In den Häusern mit großen Wohnungen im Vorderhaus, Fabrik und Werkstattgebäuden im Hinterhaus und wenig Komfort bildete sich eine Kulturszene eigener Art zwischen Sexkino und Drogenszene heraus.
Künstler wie Raphael Rheinsberg und Jörg B. richteten sich hier ein. Der 1943 geborene Rheinsberg schuf ein Museum, das sich langsam um Räumlichkeiten erweiterte, die die früheren Bewohner aufgegeben hatten. Bereits der Großvater von Rheinsberg war in diesem Gebäude einst Pförtner. 10 Jahre lang sammelte und ordnete der Künstler zurückgelassene Gegenstände und Gebrauchsspuren und machte so die Geschichte des Gebäudes sinnlich erfahrbar. Seine Mauer aus alten Koffern, die er zunächst im Museum aufstellte und die bei einer Demonstration gegen den Abriß auch auf dem Rathausplatz stand, kann heute im „Kulturviertel“ betrachtet werden.
Das vor hundert Jahren für Kieler Großbürger errichtete Jugendstilhaus wurde vor seinem Ende von Hausbesetzern übernommen. Zu spät setzte sich eine Vielzahl von Menschen für den Erhalt des Gebäudes ein, die Weichen für den Abriß waren bereits Ende der 60er Jahre gestellt worden. Die Stadtverwaltung fürchtete Regressansprüche im Falle einer Planänderung.“
Zitat aus „Kiel zu Fuß – 17 Stadtteilrundgänge durch Geschichte un Gegenwart“ (VSA-Verlag, Hamburg 1989). Darin: „Berühmte Skandale und Hexenkessel im „Block D“. Innenstadt: Rund um das Rathaus, von Ute Kohrs-Heimann, Volker Lassen und Horst Peters (Zitat S. 35 f.)
Das Kiel Lexikon behandelt auch den Komplex Sophienhof. Im entsprechenden Abschnitt heißt es: „Proteste gegen den Abriss des S. wurden von Hausbesetzern sowie von Kunsthistorikern und Denkmalpflegern artikuliert.“ Und weiter: „Zwischen 1981 und Sommer 1983 wurden im Sophienblatt, z.T. unter großem Polizeiaufgebot, die Gebäude beseitigt.“
(Quelle: Kiel Lexikon(2011), Hrsg. Doris Tillmann u. Johannes Rosenplänter, unter Mitwirkung von Hans-F. Rothert und Nils Hansen. Wachholtz Verlag, S. 343.
Zur Auseinandersetzung um den Sophienhof s.
Nuth, A. (2008). Die Kontroverse um den Abriss des alten Sophienhof, in: MKStG 84, S.153-208.
Der Kunstverein Haus 8 (Anscharpark) zeigte ab dem 13. April 2013 bereits die Ausstellung
„Atelier Rheinsberg im alten Spophienhof – Fotografien von Joachim Thode“
Dort wurde das Bild unten gemacht (Friedemann Prose)
In der Ankündigungtext des Kunstvereins Haus 8 heißt es:
Zitat "Zu den ersten „Besetzern“ des Sophienhofes ist der Künstler Raffael Rheinsberg zu
zählen, der seit den 1960er Jahren in einer kleinen Hinterhofwohnung des
Sophienhofes wohnte, in dem sein Großvater früher Pförtner gewesen war. Von
hier aus hatte sich Rheinsberg, wenn eine Wohnung in dem Haus frei wurde,
über große Teile des Gebäudes mit seinen künstlerischen Werken ausgebreitet.
Durch die Auseinandersetzung mit vergessenen oder liegen gelassenen
Gegenständen der Bewohner, verschaffte sich Rheinsberg einen künstlerischen
Zugang zu dem Haus.
Die Ausstellung mit Fotografien von Joachim Thode zeigt das „Atelier“ von
Raphael Rheinsberg vom Ende der 1970er Jahre. Joachim Thode faszinierte
schon damals die Sammlungstätigkeit von Rheinsberg, der die vorgefundenen
Dinge “legt” und damit zueinander in Beziehung bringt." (a.a.O.)