Christian VII. Rückblick auf seine Regierungszeit.
Christian VII.
Ein kurzer Rückblick auf seine Regierungszeit.
Friedemann Prose, 2012
Die Stadt Kiel war in der Vergangenheit eng mit dem dänischen Königreich verbunden, denn sie gehörte zum dänischen Gesamtstaat. Im ersten Stock des Rathauses befindet sich das Porträt des Königs Christian VII. Er wurde am 21. Januar 1749 in Kopenhagen geboren und starb am 13. März 1808 bei Kiel in der Festungsstadt Rendsburg.
Christian VII regierte 42 Jahre und zwei Monate. In diese lange Regierungszeit fällt der Bau des Eiderkanals. In einem dänischen Buch über Christian 7. wird er im Untertitel Den gale konge , der verrückte oder wahnsinnige König, genannt ( Dehn-Nielsen, 2000).
In heutiger Zeit ist Christian vielen Menschen u.a. bekannt durch das Buch „Der Besuch des Leibarztes“ (1999) von Per Olov Enquist sowei den Film „Eine königliche Affäre“ (2012) mit Mads Mikkelsen in der Rolle des Christian. Das Leben des Königs ist dort eng verbunden mit dem von Johann Friedrich Struensee (1737 – 1772) dargestellt, dem deutschen Arzt und Minister am dänischen Hof.
Der folgende Abschnitt enthält eine knappe Bilanz der Regierungszeit des Königs Christian VII. aus der Sicht des Kieler Chronisten Heinrich Eckardt (1899).
Unter Dänischer Herrschaft
„ Glücklicher als im herzoglichen wurde die Regierung im königlichen Anteil geführt. Manches Heilsame war daselbst unternommen worden. Die Niederlegung der Domänen führte zu der Verteilung des Grundbesitzes an Eigentümer oder Erbpächter und hob die Wohlfahrt des Landes bedeutend.
Auch die reformatorischen Tendenzen des Jahrhunderts fanden hier Eingang, zuerst unter Friedrich V. und Bernstorff, dann unter Christian VII. und Streuensee. Der als Mensch so wenig achtenswerte Monarch hat während seiner langen Regierung zu verschiedenen Malen das Glück gehabt, ganz ausgezeichnete Minister zu besitzen und Leute in seiner Umgebung und an seinem Hof zu haben, die für den geistigen Aufschwung nicht nur in Dänemark und den Herzogtümern, sondern auch in Deutschland eine ganz außerordentlich Bedeutung erlangt haben.
Man mag Christian VII. verdammen und verurteilen, - er war später ein geisteskranker, bedauernswerter Schwächling,- aber man muß ihm nachrühmen, dass er im Anfang seiner Regierung manches anordnete und durchführte, was für Dänemark und die Herzogtümer von entscheidender Bedeutung geworden ist; schade, dass nur zu oft manch guter Vorsatz unterblieb, weil ein Plan den andern jagte.
Tortur und Zensur wurden aufgehoben, Misbräuche beseitigt, philanthropische Einrichtungen getroffen, die Verwaltung, namentlich das Finanzwesen neu organisiert. Die deutsche Sprache herrschte am Hofe, im Handel, in der Armee. Da führte der wiedererwachte nationale Sinn der Dänen sowie eine von der verwitweten ränkevollen Königin Juliane Marie angezettelte Hofintrige zum Sturze und blutigen Ende Struensees. Angeklagt einer vertrauten Verbindung mit der Königin Caroline Mathilde, musste er vereint mit seinem Freunde Brandt am 28. April 1772 auf dem Schafott sein Leben lassen.
Die Regierung nach Struensees Sturz, hauptsächlich von dem jüngeren Bernstorff, Andreas Peter, geleitet, hatte einen gemäßigten, wohlwollenden Charakter. Für Dänemark und Schleswig-Holstein war diese Zeit von 1771 bis zum Beginn des neuen Jahrhunderts die glänzendste, friedlichste und glücklichste; für Landbau, Gewerbe und Handel wurde vieles getan, der Kopnenhagener und Flensburger Kaufmannsstand befestigte seinen Ruf durch ausgedehnte Verbindungen; er erwarb vornehmlich während des amerikanischen Krieges große Reichtümer und gelangt zu ungeahnter Blüte.
Das für Kiel und Holstein so überaus wichtige Ereignis, die Anlegung des Eiderkanals, war in den Jahren 1777-1784 geschehen und damit für die damalige Zeit ein Werk geschaffen, das namentlich im Hinblick auf die Unvollkommenheit der zu Gebote stehenden Werkzeuge allgemeine Verwunderung erregte.
Durch eine Reihe von Reformen von der eingreifendsten Bedeutung, wie vor allem die Aufhebung der Leibeigenschaft durch Graf Bernstorff, wurde das Volk, insbesondere der Bauernstand, merklich gehoben und nach und nach zur Teilnahme am politischen Leben herangezogen. Ungehindert konnten Kunst und Wissenschaft sich entfalten und gelangten zu einer Blüte, wie nie vorher und nachher.
Der König und seine Ratgeber hatten Sinn für wissenschaftliche und literarische Interessen, und zwar war es deutsche Bildung und Literatur, die sie begünstigten. Namhafte Männer, wie Cramer, Basedow, Sturz, Öder wurden ins Land gezogen und verbrachten hier einen Teil ihres Lebens. Klopstock lebte Jahre lang am dänischen Hofe, und ein dänischer Minister Graf Schimmelmann und vor allem der edle Herzog von Augustenburg waren es, die Schiller auf so feinsinnige und wirksame Weise unterstützten. In den Herzogtümern erregten Dichtkunst und literarisches Wirken die Teilnahme weitester Kreise.
Gerstenberg aus Tondern, Claudius aus Reinfeld, Boie aus Meldorf schlossen sich Klopstock und seinen Freunden an. Zu ihnen gesellten sich Carsten Niebuhr, der an einer größeren wissenschftlichen Reise nach dem Orient, die der König veranstaltet hatte, teilgenommen und nun in Dithmarschen sein Leben zubrachte, Voß, der in Eutin lehrte, und die Grafen Stolberg, die dort und in Holstein höhere Ämter bekleideten. Vor allem auch auf den Gütern des Adels bildeten sich literarische Kreise, die die geistige Bewegung wesentlich förderten und der ganzen Zeit ihr charakteristisches Gepräge verliehen.
Es war natürlich, dass das rege geistige Leben, welches sich aller Orten bemerkbar machte, lebhaften Nachhall in Kiel finden musste, das schon durch seine Hochschule berufen war, eine leitende Rolle auf diesem Gebiete zu übernehmen. Gerade um die Wende des Jahrhunderts finden wir unter den Lehrern der Hochschule Namen vertreten, die noch jetzt einen guten Klang haben und stets als Zierden der Wissenschaft glänzen werden. Wenn trotz alledem die Kieler Hochschule und die Kieler Gesellschaft nicht die führende Rolle erhielten, so waren es verschiedene Umstände, welche dieses vereitelten, nicht zum kleinsten Teile Eifersüchtelei, Gelehrtendünkel und Intrigen, sowohl von außen, als im Kreise der Gesellschaft selbst.“ ( Eckardt, 1899, S. 123-125).
Die Abb. zeigt Christian VII. als den König, der durch den Eiderkanal die Ostsee mit der Nordsee verband. So stand es auch auf einer Marmortafel an der Fördeseite der Holtenauer Schleuse:
CHRISTIANI VII
IUSSU ET SUMPTIBUS
MARE BALTHICUM
OCEANO
COMMISSUM ANNO
MDCCLXXXII
(Auf Befehl und Kosten von Christian VII wurde das Baltische Meer, d.h. die Ostsee, mit dem Ozean, dh. dem Atlantik bzw. der Nordsee, im Jahre 1782 verbunden.
Das Veduto unten zeigt die Mündung des Kanals in Holtenau. Das heute noch vorhandene Packhaus mit den angrenzenden Gebäuden der Kanalverwaltung ist genauso abgebildet, wie die ursprünglich zwei Obelisken aus Granit, die beide die Kanalmündung markierten. Auf der Landseite steht noch heute vor dem Packhaus ein Obelisk mit der auf den dänischen Gesamtstaat bezogenen Inschrift
PATRIAE
ET
POPULO
(Für Vaterland und Volk)
Der andere, im Wasser stehende, Obelisk wurde frühzeitig von einem Ewer gerammt und nicht wieder errichtet (n. Stolz, 1989, S.28 f.)
Quellen:
Dehn-Nielsen, Henning (2000). Christian 7. -Den gale konge- , Sesam Verl, 2000)
Eckardt,Heinrich (1899) Alt-Kiel in Wort und Bild. Kapitel „Unter Dänischer Herrschaft“, S. 123-125.
Stolz, Gerd (1989). Der alte Eiderkanal. - Schleswig- Holsteinischer Kanal-. Boyens Verlag, Heide., S. 28 f.